Wie Künstler erfolgreich ihre Kunst verkaufen

Bekanntheit / Reputation, PR / Pressearbeit, Werbung

Provokant macht interessant – Geier am Grabe van Goghs

Buchtipp „Geier am Grabe van Goghs“

Wer sich interessant macht, der wird bekannt und wer bekannt ist, erzielt hohe Preise. Das klingt nach einem ganz einfachen Erfolgsrezept. Doch die Realität sieht anders aus. Beispiele, wie weit Künstler gehen, um erfolgreich und berühmt zu werden, haben die Autoren Steen T. Kittl und Christian Saehrendt in ihrem neuen Buch „Geier am Grabe van Goghs“ zusammen getragen.

Künstler sind Selbstständige, die wie andere Unternehmer auch, sich und ihr Produkt möglichst gut vermarkten und verkaufen wollen. Wie wir alle wissen ist das aber der schwierigste Teil unserer Arbeit, denn leider macht oft nicht allein die hohe Qualität und das gute künstlerische Handwerk die Kunst begehrenswert und zu einem teuren Objekt. Um die Besucher in die Vernissagen zu locken und sie zu potentiellen Käufern zu machen, muss man sich abheben von anderen.
Die einen sind die genialen Könner, Meister ihres Faches, die ganze Epochen künstlerisch prägten, andere brachten es auf eine weniger löbliche Art und Weise zu Popularität, ob denen auch Ruhm und Ehre gebührt, da scheiden sich allerdings die Geister.

„Geier am Grabe van Goghs“

In dem im Frühjahr neu erschienenen Buch „Geier am Grabe van Goghs“ geht es den beiden Autoren nicht um die Kunstwelt, die als Inbegriff des schönen Scheins gilt, in der sich kultivierte Kenner, Künstler und Galeristen treffen. Sondern sie trugen die Geschichten zusammen, die eine andere Seite der Kunstwelt zeigen, die weniger schillert. Kittl und Saehrendt beschreiben die “Abgründe hinter den glitzernden Fassaden“.
An dieser Stelle möchte ich zwei Beispiele aus dem Buch herausnehmen und sie kurz anreißen.

Perfide Fälscher

Nehmen wir zuerst die Titelgeschichte, die am Grabe van Goghs beginnt. Gogh (1853 – 1890) malte zu Lebzeiten seinen Leibarzt Doktor Gachet im Porträt. Das Bild erzielte 1990 mit 82 Millionen Dollar einen Rekordpreis. Diese Ehre gebührt dem gemalten Porträt dieses Mannes eigentlich nicht, der sich als van Goghs Arzt und Freund ausgab, um ihn am Ende fahrlässig sterben zu lassen und anschließend seine Bilder zu fälschen und damit zu Reichtum zu gelangen. Ein Zitat aus dem Buch: „Vincent wohnte in einem winzigen Zimmer in der Dorfpension und erhielt die Erlaubnis, die Tochter des Arztes zu malen. Doch darüber gab es bald Streit, weil Vincent der 21-jährigen Marguerite bei dieser Gelegenheit offenbar Avancen gemacht hatte. Keine vier Wochen später schoss sich der Künstler in den Bauch. Über den merkwürdigen Auftritt des zu Hilfe gerufenen Dr. Gachets, der so tat, als kenne er Gogh nicht und ihn sterben ließ, berichteten Zeitzeugen.“ Warum er keinen Rettungsversuch unternahm, wird später klar. Der Arzt bediente sich schamlos an den Gemälden van Goghs. Er malte selbst und zog junge Talente heran um Van-Gogh-Kopien herzustellen. Auch sein Sohn Gachet jr. fälschte fleißig weiter. Zitat: „Es ist den Gachets gelungen, ihre Fälschungen über Jahrzehnte hinweg und über verschiedene Kanäle in das Van-Gogh-Œuvre einzuspeisen und so ihrem Namen eine historische Bedeutung zu verleihen – als perfideste Fälscher .“

Piss-Christ

Als besonders beliebt und erfolgsversprechend erweist es sich Jesus Christus in Zusammenhang mit Obszönitäten zu bringen. Als Beispiel dazu beschreiben die beiden Autoren die Kunstinstallation von Andreas Serrano (geb. 1950). Zitat: „Wertvolle Materialien umspielten die Abbildungen Christi und sollten die fromme Verehrung zum Ausdruck bringen. Serrano muss das zu einem Experiment gereizt haben, das vielversprechendes Skandalpotential hatte. (…) Serrano spielte in einem fotografischen Werk mit allerlei Körperflüssigkeiten, unter anderem tauchte er ein Kruzifix in einen zerkratzten Plastikbehälter voller Urin und fotografierte es. „Piss Christ“ war zwei Jahre auf diversen Ausstellungen zu sehen, ohne dass es beanstandet worden wäre. Erst als ein Zusammenhang des gelben Urins mit dem golden Malgrund von Ikonen erkannt wurde, wurde aus der Fotografie „Piss Christ“ ein internationaler Skandal und Serrano sagte selbst dazu: „Der Skandal hat mich nach oben katapultiert.“ Heute wird die Fotografie für 250.000 Euro gehandelt.

Die „hässlichen Geschichten aus der Welt der schönen Künste“, in diesem Buch sind meiner Meinung nach durchaus lesenswert, zeigen sie doch schön, dass der Bekanntheitsgrad den Wert der Kunst erheblich beeinflusst, egal ob der nun negativ oder positiv ist. Das Alleinstellungsmerkmal macht es aus, eine Idee haben, einen besonderer Ausdruck finden und dabei den eigenen Weg gehen. Die Geschichten in „Geier am Grabe van Goghs“ sind dabei nicht unbedingt nachahmenswert. Es gibt aber auch viele gute Beispiele, wie die Kunst einzigartig wird, wie Künstler eigene Wege finden. Nehmen wir als Beispiel den „Bananensprayer“ Thomas Baumgärtel, der seine Sprühbananen wie einen Stempel heimlich an die Eingänge renommierter Kunsthäusern sprayte, die seiner Meinung nach eine Auszeichnung verdienten. Weltweit wurden die gelben Bananen zum Qualitätssiegel der Kunstbranche und Baumgärtel dadurch weltbekannt (>> zum Artikel über den Bananensprayer). Ein anderes Beispiel für eine schöne Kunstidee und einem gelungenen Eigenvermarktung ist Slinkachu, der mit seinen Miniwelten in London für Aufsehen sorgte. Er baute winzige Szenen aus Miniaturfiguren nach, wie aus dem Leben gegriffen. Auch er und seine Fotografien wurden international bekannt (>> zum Artikel über Slinkachu).

Titel: „Geier am Grabe van Goghs“ Steen T. Kittl und Christian Saehrendt, DuMont Buchverlag: ISBN 978-3-8321-9093-4

Coverfoto mit freundlicher Genehmigung des Verlags

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