Die Wolfratshauser Kunstmeile
Andrea Weber im Gespräch mit dem Galeristen John Schille
Um regionalen Künstlern eine kostengünstige Ausstellungsmöglichkeit zu bieten, hatte man vor drei Jahren in der Kleinstadt Wolfratshausen, im Süden von München, eine pragmatische Idee: Man inszenierte eine sogenannte Kunstmeile in der Altstadt. Wie bei einem Stadtbummel können die Besucher von Geschäft zu Geschäft schlendern und nun anstelle von Waren in den Auslagen der Schaufenster Kunstobjekte bewundern. Die Wolfratshauser Kunstmeile hat sich inzwischen als Kulturinstitution überregional herumgesprochen. Sie findet heuer im September zum dritten Mal statt und Künstler aus ganz Oberbayern bewerben sich, um hier mitzumachen.
Wie seid Ihr auf diese ungewöhnliche Idee einer solchen Kunstmeile gekommen?
Vor drei Jahren suchten wir nach einer Möglichkeit, die Kultur in unserer Stadt neu zu beleben. Wir dachten an Ausstellungen außerhalb unserer drei Galerien, quasi im Sinne von „Kunst braucht Raum, Raum braucht Kunst“. Das wurde dann auch unser Slogan. Zusammen mit dem Verein „Lebendige Altstadt“ und dem „Werbekreis“ der Geschäftsleute, zu dem ich gehöre, kam uns die Idee einer Kunstmeile.
Wie sieht das Projekt konkret aus?
Je ein Künstler (Maler, Fotograf) darf in einem Schaufenster eines Geschäfts seine Kunstobjekte über den Zeitraum von zwei Wochen ausstellen und wird dabei von einer professionellen Dekorateurin unterstützt. Während sich der Künstler dort öffentlich präsentieren kann, profitiert das Geschäft von der Aktion, die dazu beiträgt, dass mehr potentielle Kunden in die Altstadt gelockt werden. So entsteht eine Win-Win-Situation.
Wie finden sich die Besucher zurecht?
Jedes Geschäft, das zur Kunstmeile gehört, ist mit einer Fahne markiert und auf dem Bordstein davor klebt ein roter Punkt mit einer Zahl. Auf dem Flyer, der schon Wochen davor in den Geschäften ausliegt, steht dann welcher Künstler wo seine Kunstwerke zeigt. Im Schaufenster kann man die Vita lesen, denn der Künstler ist nur am Tag der Vernissage anwesend. Unsere drei Stadtgalerien sind mit Ausstellungen internationaler Künstler einbezogen und haben in der Zeit ganztags geöffnet. Damit wollen wir erzielen, dass die Schwellenangst vor solchen Kunsträumen abgebaut wird.
Und die Geschäfte machen mit?
Ja, es werden sogar jährlich mehr. Heuer zur „Kunstmeile drei“ haben wir schon mehr als 50 Anfragen von Künstlern und 45 zugesagte Ausstellungsmöglichkeiten in Schaufenstern, Schaukästen und im öffentlichen Raum. An exponierten Stellen im Freien, an der Loisach-Promenade, vor der Stadthalle, in der Altstadt, stellen die Bildhauer ihre großen Skulpturen und Plastiken aus.
Wie profitieren die Künstler von der Meile?
Sie können sich einer breiten Öffentlichkeit in einem Zeitraum von zwei Wochen präsentieren, ohne eine gehobene Galeriemiete bezahlen zu müssen. Zudem sind die „Kunst-Schaufenster“ in der Altstadt und direkt in der Einkaufszone, also mitten im Stadtgeschehen. Die Kunstmeile ist eine Vorzeigeaktion und wird daher von großen Sponsoren unterstützt, wie die Sparkasse, Banken und dem Möbelriesen Mahler, der in Wolfratshausen ansässig ist. Damit finanzieren wir alles Organisatorische sowie Werbung und Marketing. Das heißt, wir stellen unseren Künstlern eine kostenlose Plattform zur Verfügung.
Wer darf mitmachen?
Wir bekommen inzwischen Anfragen von Künstlern aus ganz Oberbayern. Das wünschen wir uns auch, denn die Kunstmeile soll individuell bleiben und jährlich neue Künstler präsentieren. Das heißt, die Teilnehmer dürfen nur max. zwei Mal in Folge mitmachen. Wir legen Wert auf Künstler mit Niveau und einem eigenen Stil. Von dem Bekanntheitsgrad namhafter Künstler profitieren die noch unbekannten Künstler. Zudem finden Gespräche mit Kunstkreisen aus den Nachbarstädten und -regionen statt, wie Geretsried, Weilheim, Penzberg, Murnau und München. In Planung sind Ausstellungen oder andere Aktionen, die man überregional verknüpfen kann.
Wie sieht es mit der Sicherheit der Kunstgegenstände im öffentlichen Raum aus?
Wir hatten in der Tat letztes Jahr starke Zerstörungen durch Vandalismus. Wir waren blauäugig zu denken, da passiert schon nichts. Mit roher Gewalt wurde ein Stahlobjekt verbogen und Skulpturen in die Loisach geworfen. Heuer unterstützt uns der Wach- und Sicherheitsdienst Oberland ehrenamtlich, der auf seinen Streifzügen auch auf die Kunstobjekte achten wird. Auch werden wir rechtlich prüfen lassen, ob wir eine Videoüberwachung installieren können.
Können Sie aus Erfahrung sagen, welche Künstler mit welcher Art von Kunst am besten verkaufen?
Das kann ich nicht. Ich weiß nur, dass zwei Malerinnen letztes Jahr sehr erfolgreich waren. Die eine malt naive Landschaftsbilder, die andere Acrylbilder mit figürlichen Elementen und fließenden Farben. Ob die beiden Damen am besten verkauft haben, kann ich so nicht behaupten.
Weitere Informationen zur Kunstmeile finden Sie hier:
http://kuenstler-wolfratshausen.de
© Fotos von Andrea Weber
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