Wie Künstler erfolgreich ihre Kunst verkaufen

Bekanntheit / Reputation, PR / Pressearbeit, Preis / Wert, Sonstiges, Verkaufen

Ein hoher Preis: Wenn die Kunst das Leben kostet

Die Meldung vom Tod des amerikanischen Fotografen und Collagisten Dash Snow ging wie ein Lauffeuer durch die internationale Kunstszene. Heroin war der Mittelpunkt seiner Schaffenskraft; Heroin war am Ende sein Verhängnis. Nun gehört er zu den Ikonen des „Club27“, all jenen Kultur-Genies, die gerade mal 27 Jahre lang leben konnten. Nach seinem Tod steigen die Preise für seine Sperma-Collagen in die Höhe und in Amerika gilt er schon als  „King of Pop“ der bildenden Künstler.

dash_snow_250pxErfährt Kunst heute nur noch Anerkennung, wenn sie aus exzessiver Selbstzerstörung besteht? Ist unsere Gesellschaft derart überfüttert?  Nur noch die abgefahrenste Superlative zählt und erzielt Höchstpreise auf dem Markt, und kommt dann noch der „Zombie-Faktor“ hinzu, wie sich kürzlich SpiegelOnline in einem Nachruf „gewählt“ ausdrückte, dann verkauft sich Kunst gleich noch besser. Wer heute mit hoher Begabung und eigenem Ausdruck „nur“ Schönes hervorbringt, wird quasi zum Langweiler entwertet. Da fehlt mir ernsthaft das Verständnis. Exzentriker wie Dash Snow, sind die Topstars der weltweiten Kunstbühne, doch  Fakt ist: Er war im Grunde ein armer Kerl. So die Aussage seines Freundes und Kunstgaleristen Javier Peres: „Er hatte eine sorgenschwere Existenz. Zu leben war für ihn schwierig.“

Wer war Dash Snow?

War er ein begnadeter Künstler, ein Genie, der sich von Jugend an gegen das elitäre Society-Leben seiner New Yorker Familie de Ménil aufbäumte, eine reiche Öl-Dynastie, bei der das Geschäft mit der Kunst schon immer Tradition hatte. Wollte er experimentell einen schweren Lebensweg gehen oder war er nur ein allein gelassener Junge, der in der schwierigsten Phase seines Erwachsenwerdens einen Knick fürs Leben erhielt? SpiegelOnline: „Mit 13 Jahren steckten ihn die Eltern für zwei Jahre in eine Erziehungsanstalt in Georgia, danach, sagte er einmal, „war ich auf mich allein gestellt“.

Polaroids von Penissen und Pennern

Snow wurde zum Rebellen, lies sich die Haare und den Bart so lang wachsen wie ein Jesusjünger und war gleichzeitig ein Dieb und Drogenkonsument. Wie ein Getriebener schuf er tausende von Fotografien, Collagen, Videos und Graffitis. Snows Arbeiten lebten, wie es weiter in dem Nachruf von SpiegelOnline heißt, von ihrem „Schockwert“: „Es sind Polaroids von Penissen und Pennern, von Sex- und Heroinorgien und Dash Snow nackt mitten drin. Er wichste auf die Seiten der „New York Post“ und zielte dabei auf die Bilder von Terroristen. Mit der Sperma-Collage „Fuck The Police“ richtete er sich gegen die Cops in New York.“ Seine Installationen wurden als „Hamsternester“ bezeichnet, indem er die Wände von Hotelzimmern beschmierte und sie mit zerschnipselten Telefonbüchern füllte.

Der Renner: Hakenkreuze, Pornografien und Osama Bin Laden

Snow hätte sein Leben einfacher haben können, doch er bevorzugte das Milieu einer Downtown-Bude ohne Telefonanschluss und Türklingel. Hier schuf Snow, was sein Künstlerfreund Dan Colen 2005 zu einer Solo-Ausstellung machte. Schon bei der zweiten Ausstellung 2006 standen die Menschen bereits Schlange und die „New York Times“ schrieb über die Collagen aus Hakenkreuzen, Pornografien und Osama Bin Laden-Abbildungen, sie seien „scharf und undurchschaubar“. Snow war schamlos, ein Mensch ohne Kompromisse und wurde so zum Idol der Kunst- und Drogenszene gleichermaßen.
Nach der Geburt seiner Tochter Secret im Jahr 2007 wollte er diesem hemmungslosen Lebensstil ein Ende setzen. Seinem Leben setzte er tatsächlich ein Ende – auch das kompromisslos. Snow starb am 14. Juli 2009 alleine in einem Hotelzimmer. An einer Überdosis Heroin wird noch vermutet. Nun gehört er zu den Ikonen neben Jimi Hendrix und Jim Morrison im „Club der 27-Jährigen“, seine Kunst erhält derweil bereits Kultstatus und die Preise steigen weiter.

Vielleicht müssen Persönlichkeiten wie Dash Snow, so eine Wanderung auf dem Grat zwischen Genialität und Wahnsinn führen – einmal eingeschlagen gibt es kein Zurück mehr. Steckt dahinter gnadenlose Härte gegen sich selbst, oder eher eine traurige Wut eines einsamen Menschen? Ich denke, von beidem etwas mit starker Tendenz zum Zweiten.

An dieser Stelle würde mich Ihre Meinung interessieren und ich würde gerne mit meinem Beitrag zu einer Diskussion anregen.

Mehr über Dash Snow lesen Sie in der Galerie Courtesy Contemporary Fine Arts, Berlin
http://www.cfa-berlin.de/artists/dash_snow/

Im Nachruf von SpiegelOnline finden Sie eine Bilderstrecke zu den Arbeiten des Künstlers:
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,636702,00.html

Foto mit freundlicher Genehmigung von Franziska Sinn /  Courtesy Contemporary Fine Arts, Berlin

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  1. Auf den ersten Blick pervers, bei genauerer Betrachtung ein Spiegel für unsere heutige perverse und verlogene Gesellschaft.

    Dash Snow tut mir ehrlich gesagt sehr leid, er ist ein Opfer der Gesellschaft und seiner selbst.

    Wenn heute Kunst zählt, welche mehr oder weniger schockierend wirkt und bis zu einem gewissen Grade die Perversion zum Kultstatus erhebt, so ist dies ein ganz deutlicher Beweis für ein wirklich kranke und irre Gesellschaft – weltweit.

    Aus medizinischer Sicht wäre Dash Snow ein Kandidat für eine intensive Psychotherapie inklusive einer Suchtbehandlung gewesen mit der Option nach Therapieabschluss sich einer Selbsthilfegruppe für ehemalige Drogenabhängige anzuschließen.

    Möglicherweise wollte oder konnte er dies nicht und hat seine „Therapie“ in seinem Lebenswerk gefunden.

    Umso erstaunlicher ist es, dass sich jetzt die sogenannten selbsternannten Kunstkenner verstärkt für ihn interessieren, obwohl er dieses Interesse zu seinen Lebzeiten, wenn es ehrlich gemeint gewesen wäre, hätte bestimmt besser gebrauchen können.

    Auch der einsame Tod in einer anonymen Umgebung ist eine Tragödie der besonderen Art, wie wir ihn von verschiedenen bekannten Künstlern und Stars schon allzu häufig erlebt haben.

    Es lässt immer wieder auf eine vollständige Vereinsamung, dieser in der Regel exzentrisch, hochbegabten, aber was das Sozialverhalten und die dazu gehörenden Kontakte betrifft, im Grunde genommen armen Menschen, schließen.

    Zum einen sind diese Persönlichkeiten Opfer zum anderen in gewisser Weise Märtyrer, die um des Bekenntnisses ihrer Überzeugung willen einen gewaltsamen Tod durch sich selbst erdulden.

    Dash Snow wird mit Sicherheit nicht der Letzte in der Reihe dieser bedauernswerten Menschen sein, sein Werk ist außergewöhnlich, ohne Zweifel, aber eine Bewertung post mortem, auch in monetärer Hinsicht stellt wiederum die eigentliche Perversion der Kunstwelt und des Kunsthandels dar und beweist erneut wie inhuman und zweifelsfrei wirklich ver-rückt diese Welt gestrickt ist.

    Das Wertesystem in der Kunstwelt ist absolut an der Realität des Lebens vorbei, der Spruch, nur eine toter Künstler ist ein guter Künstler beweist wiederum wie krank hier die Geister sind.

    Wenn der Tod, diese Endstation, dazu herhalten muss um den Markwert eines Künstlers und seiner Werke zu steigern, ist dies für den Kunstmarkt ein wunderbares Geschäft und wiederum ein Beweis dafür, wie niedrig die Beweggründe der Kunsthändler und -Kritiker für Künstler und Kunst sind.

    Möglicherweise war Dash Snow nicht in der Lage
    dieses bunte Treiben zu durchschauen oder ihm entschieden entgegen zu treten.

    Vielleicht war es ein Mangel an Selbstliebe und Selbstsicherheit um in letzter Konsequenz diesen finalen Fluchtweg als letztmögliche Chance zu ergreifen. –

  2. Heike

    Guten Tag

    ja es ist wirklich eine seltsame Zeit und eine noch seltsamere Gesellschaft in der wir lebe…in der man sich als Künstler erst auf den Weg in die tiefsten Abgründe der Menschlichkeiten begeben muss und am Schluß manchmal noch sein Leben in jungen Jahren opfern muß um den Menschen in der heutigen Zeit einen kurzen Augenblick das Interesse zu entlocken, welches sie just nach einem Tag schon wieder verloren haben.

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