Fast jeden Tag wird in den Medien über Künstler berichtet. Wenn ein Künstler es in die Medien schafft, hat das für ihn einige Vorteile:
- Der Künstler wird bekannt (‚Hey, den habe ich doch in der Zeitung/im Internet/im Fernsehen gesehen!‘).
- Der Künstler verbessert seinen Ruf (schließlich wird über ihn berichtet).
- Die Kunstwerke des Künstler werden wertvoller (je bekannter ein Künstler, desto teurer seine Kunstwerke).
Die entscheidende Frage lautet:
Wie haben diese Künstler es geschafft, in die Medien zu kommen?
Wenn wir uns die ganzen Artikel und Berichte über Künstler einmal genauer ansehen, fällt eine Gemeinsamkeit auf:
Jedesmal, wenn über einen Künstler berichtet wird, dann gibt es auch etwas interessantes zu berichten.
Das mag jetzt für Dich jetzt etwas banal klingen, aber viele Menschen vergessen, dass Medien über die Dinge berichten, die für ihr Publikum, die Leser und Zuschauer von Interesse ist. Klar, für Dich ist Deine Kunst immer interessant. Für Deine Familien und Deine Freunde vielleicht auch.
Aber interessiert sich der Rest der Welt für Deine Kunst?
Die erste Hürde:
Ist eine Geschichte
überhaupt eine Nachricht „wert“?
Was interessiert mein Publikum?
Will mein Publikum das hier wirklich wissen?
Das sind die beiden Fragen, die sich Journalisten stellen, wenn sie entscheiden, ob eine Geschichte veröffentlicht werden soll oder nicht. Wenn Du oder Deine Kunst nicht „berichtenswert“ und relevant für das Publikum sind, dann schaffst Du es nicht einmal, diese erste Hürde zu überwinden. Wenn Du eine Pressemeldung rausschickst, die keine Nachricht wert ist, dann landet sie schon bei der Vorauswahl im Papierkorb.
Aber es geht eben auch anders:
Diese 5 Faktoren bringen Künstler in die Medien
Wir haben einmal Meldungen und Medienberichte über Künstler analysiert und dabei fünf verschiedene Wege bzw. Faktoren herausgefiltert, die einen Künstler und seine Kunst „berichtenswert“ machen:
Faktor „Spaß“:
Menschen mögen lustige Geschichte. Auch Kunst, die einen zum Schmunzeln bringt.
Hier zwei Beispiele:
„Spaßfotos von Vätern und Töchtern: Mann, Papa
Sie werfen ihre Arme nach oben, lachen, springen: Der japanische Fotograf Yuki Aoyama hat Väter dabei fotografiert, wie sie neben ihren Töchtern in die Luft hüpfen. Und dabei eine gute Figur machen.“
» Zum Artikel und den Fotos von Vätern und Töchtern
Der US-Fotograf Seth Casteel ist monatelang in Swimmingpools abgetaucht und hat Tausende von Fotos von Welpen unter Wasser gemacht. Dabei herausgekommen sind so lustige und süße Fotos, das eben auch die Journalisten nicht widerstehen konnten darüber zu berichten.
» Zum Artikel und den Fotos von Welpen unter Wasser
Faktor „Provokation“:
Ein Künstler, der eine Tote Kuh aus einem Hubschrauber wirft? Ein Mann, der seine Hoden auf der Straße festnagelt? Ein Künstler, der seinen Kot in Dosen abfüllt?
Skandale und Provokationen waren immer schon ein effektives Mittel, um Künstler in die Medien zu bringen. Je drastischer, desto größer die Chance, es in die Medien zu schaffen. Darum sind Nacktheit und Sex auch Dauerbrenner im Kunstbereich:
„Zwei Schauen für Jeff Koons: Engel, Sex und Sau
Michael Jackson samt Affe Bubbles als Porzellanfiguren oder Selbstporträts mit Pornogöttin: Jeff Koons brachte es mit Sex, Kitsch und Ironie zum Kunst-Superstar. Jetzt zeigen Ausstellungen in Basel und Frankfurt sein schillerndes Werk.“
Zum Artikel und zur Website von Jeff Koons.
„Pinkel-Polizistin „Petra“: „Die Frauen sind auf meiner Seite“
Der Student Marcel Walldorf modellierte die Skulptur „Petra“, eine Polizistin, die auf den Boden pinkelt. Im Interview erzählt er, warum er nun den Innenminister gegen sich hat und sein Telefon permanent klingelt – und von seiner Mitbewohnerin, die für die knifflige Pose Modell hockte.“
Zum Artikel und zur Website von Marcel Walldorf.
Faktor „Publicity“:
Wer Aufmerksamkeit will, kann sich natürlich auch zum Trittbrettfahrer bereits vorhandener medialer Aufmerksamkeit machen. Und wer bekommt sowieso schon viel Aufmerksamkeit von den Medien?
Prominente und „brennende“ Themen, die gerade – oder dauerhaft – in den Medien präsent sind:
„Skurrile Statue: Paris Hilton auf dem Seziertisch
Während sich Paris Hilton vor ihrer Haftstrafe wegen Alkohol am Steuer fürchtet, haben ihre Eskapaden den Künstler Daniel Edwards inspiriert: Er kreierte ein Double der 26-Jährigen mit Diadem, Chihuahua, Babybauch und zum Reinfassen. Die Krönung: Die Figur thront auf einem Seziertisch.“
Zum Artikel und zur Wikipedia-Seite von Daniel Edwards, der sich stark auf provokante Skulpturen von Promis konzentriert.
„Street-Art im Krisengebiet: Banksy tobt sich in Gaza aus“
Auch „brennende“ Themen eignen sich als Sprungbrett in die Medien.
Faktor „Öffentlicher Raum“:
Wer öffentliche Aufmerksamkeit will, kann natürlich auch einfach direkt in die Öffentlichkeit gehen, wo seine Kunst auch gesehen wird. Der britische Street-Art-Künstler Banksy ist ein Meister auf diesem Gebiet und sprüht z.B. Katzenbabys auf Trümmerwände im Gaza-Streifen oder in Cheltenham, dem Sitz des britischen Geheimdienstes GCHQ, Männer um eine öffentliche Telefonzelle an die Wand, die die Telefonzelle mit Mikrofonen und Kopfhörern belauschen.
Faktor „Überraschung“:
Menschen werden gerne überrascht oder verblüfft. Das liegt wohl in unserer Natur. Wir sehen die Steinskulpturen von Michael Grab und fragen uns:
Ist das echt oder ein Trick? Wie hat er das gemacht?
Spiegel-Artikel und Fotostrecke und die Website von Michael Grab.
Erstaunlich ist, dass bei Presseberichten über Künstler häufig mehrere dieser Faktoren zusammenkommen. So vereinigen die Kunstwerke von Banksy geschickt fast alle genannten Faktoren.
Nehmen wir nur einmal Banksys letzte Aktion im Gaza-Streifen:
Die Story und die Fotos verbreiteten sich rasend schnell im Netz: n-tv.de, spiegel.de, focus.de.
Faktor „Provokation“: Spiegel-Online titelte: „Banksy in Gaza: Streetart-Künstler malt Katzenbabys auf Trümmer“ – Kunst in einem Kriegsgebiet? Und Katzenbabys auf Trümmern? Wie kann er nur?!
Faktor „Publicity“: Der Gaza-Streifen und der Nahostkonflikt sind seit Jahren in den Medien und bekommen viel Aufmerksamkeit. Kunst, die dort ansetzt, nutzt diese vorhandene große Aufmerksamkeit.
Faktor „Öffentlicher Raum“: Der Gaza-Streifen und die Mauer dort stehen ebenfalls im Fokus öffentlicher Aufmerksamkeit. Kunst, die dort im öffentlichen Raum platziert wird, wird auch gesehen, ohne das immer dafür Werbung gemacht werden muss, und entsprechendes Bildmaterial findet schnell ihren Weg in die Medien in aller Welt.
Faktor „Überraschung“: In einem Gebiet, das von Gewalt und militärischen Konflikten geprägt ist, erwartet niemand Kunst im öffentlichen Raum. Auch die Motive überraschen, indem er z.B. einen Wachturm zum Kettenkarussel für Kinder macht oder ein Katzenbaby auf ein Trümmerteil sprüht.
Auf seiner Website bringt Banksy sein Rezept für diesen Fall sehr gut selbst auf den Punkt:
„Ein Mann, der dort lebte, kam zu mir und fragte, ‚Bitte – was soll das bedeuten?‘ Ich erklärte, ich wollte die Zerstörung in Gaza aufzeigen, indem ich Fotos davon auf meiner Website veröffentliche – aber im Internet sehen sich die Menschen nur Fotos von Katzenbabys an.“ Banksy
Nicht in diesem Fall, aber bei den meisten Kunstwerken von Banksy ist auch der Spaß-Faktor dabei und als Betrachter muss man schmunzeln. In jedem Fall versteht es Banksy, diese Faktoren geschickt zu kombinieren, um sich und seiner Kunst weltweite mediale Aufmerksamkeit und Berichterstattung zu bescheren.
Und Du weißt ja, Faktoren multiplizieren sich. Je mehr dieser Faktoren, desto größer die Wahrscheinlichkeit auf eine Berichterstattung in vielen Medien.
Die zweite Hürde:
Faktor „Qualität“
Erfolg stellt sich in der Regel dann ein, wenn eine gute Idee und die gute Umsetzung dieser Idee zusammentreffen. Niemand möchte, dass der Faktor „Spaß“ darin besteht, dass über ihn berichtet wird, weil die Umsetzung so schlecht ist, dass man darüber lachen muss. Es sei denn, natürlich, dass das Lachen Absicht ist wie z.B. bei den springenden Vätern.
Aber wer die genannten Faktoren mit einer guten Idee und einer guten Ausführung kombinieren kann, der ist auf dem besten Weg es mit seiner Kunst in die Medienwelt zu schaffen.
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Alle Rechte an den Fotos bei den Künstlern und mit deren direkter oder indirekter Erlaubnis
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