Was macht ein Foto zu einem guten Pressefoto?
Journalistentipp Teil 3: Das Pressefoto
„Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“, diese Redewendung entspricht nirgends mehr der Wahrheit als im Bereich der Medien. Artikel mit Fotografien bleiben länger in Erinnerung. Gute Bilder sprechen im Gegensatz zum Text den Leser emotional an. Die Bildspannung muss stimmen, das Motiv berühren, die Farben kontrastieren. Wenn eine Fotografie all das vorweisen kann, wird sie zum Blickfang und damit zum Wegweiser in den Artikeltext. Die Redakteure kennen die Kraft der Bildsprache. Ein ungewöhnliches Foto kann durchaus dazu führen, dass aus einem kleinen Presseartikel ein großer Aufmacher wird.
Anhand von empirischen Untersuchungen wurde festgestellt, dass Leser von Tageszeitungen sich beim Lesen überwiegend gleich verhalten. Zuerst springt die Schlagzeile ins Auge, die kurz und präzise auf den Punkt bringt, um was es in dem Artikel geht. Ist der Leser neugierig geworden, geht sein Blick weiter zum Bild und der Bildunterschrift. Die muss einen zum Bild ergänzenden Informationsgehalt haben, also nicht etwa: „Angela Merkel und Barack Obama schütteln sich die Hände“. Die Bedeutung eines außergewöhnlichen Pressefotos und einer klaren Bildunterschrift sind enorm wichtig. Wer das weiß, kann zumindest ein Stück weit mit beeinflussen, was und vor allem wie am nächsten Tag das eigene Thema in der Zeitung aufbereitet wurde.
Im Folgenden möchte ich meine Erfahrungen über das Pressefoto anhand von zwei Bereichen erläutern: Einmal geht es mir um das Pressefoto, das der Künstler zusammen mit seiner Pressemitteilung an die Medien schickt, zum Beispiel als Vorankündigung seiner Ausstellungseröffnung. Und das zweite Thema handelt davon, was zu tun ist, wenn der Pressefotograf auf die Vernissage kommt. Wie setzt man sich als Künstler samt Werk gut ins Bild?
Das Foto vom Kunstwerk
Bei einer Vorankündigung einer Ausstellung sollte auf dem Pressefoto nicht der Künstler, sondern sein Kunstwerk im Mittelpunkt stehen. Dabei spielt die Bildqualität eine wichtige Rolle. Der Daumenwert für ein druckfähiges Digitalfoto liegt bei der Bildgröße von 13 cm x 18 cm und einer DPI-Zahl von mindestens 250 Pixel. Zudem ist die Auswahl des Bildmotivs wichtig. Das abfotografierte Kunstwerk muss das Thema der Ausstellung quasi ohne Worte transportieren können und benötigt, um sich gut auf der druckergeschwärzten Tageszeitung zu machen, noch weitere wichtige Merkmale oder Bildbestandteile:
- Komplementärfarben springen ins Auge, das heißt, wählen Sie ein farbiges und kontrastreiches Motiv (natürlich nur bei Zeitungen die farbige Bilder drucken).
- Verwenden Sie kein zu kleinteiliges Bildmotiv, auf dem nachher beim groben Zeitungsdruck die Details nicht mehr erkennbar sind und den Betrachter eher verwirren.
- Oft kommen Details und Ausschnitte eines Kunstwerks auf dem Foto sehr gut rüber.
- Wählen Sie eines ihrer Kunstwerke, das Ihrer Meinung nach eine besondere Stimmung oder Emotionen transportiert, die sind dann auch auf dem Foto sichtbar.
Ein schönes Beispiel: Die Ausstellungsankündigung der Fotografin Anita Casati. Das Bild der tanzenden Kubanerinnen transportiert Emotionen und Dynamik. Es spricht den Betrachter sofort an. Der Artikel wurde zum Aufmacher der Seite (Süddeutsche Zeitung, Feb. 2008).
Das Bild vom Künstler und seinem Werk
Der anderer Fall: Macht die Zeitung einen Nachbericht über eine Vernissage, dann schickt die Redaktion den Reporter und den Pressefotografen hin. Während der eine interviewt und mitschreibt, will der andere ein gelungenes Foto vom Künstler und seinem Werk schießen. Bei einer gut besuchten Vernissage ist das oft nicht so leicht. Der Künstler hat meist wenig Zeit und noch weniger Geduld. Hinzu kommt, dass Künstler keine Profis vor der Kamera sind. Die Bildhauer haben es hier einfacher. Sie lehnen sich leger an ihre Skulptur und das Motiv passt. Die Maler und Fotografen hingegen stehen entweder ungeschickt neben ihrem Bild oder halten ihr Werk wie im Werbespot in der Hand. Was aber tun, damit das Motiv trotzdem zu einem Blickfang wird?
Hier sind Beispiele für gute Pressefotos, die zu einem großen Aufmacher-Artikel in der lokalen Kulturseite führten:
Der Künstler lehnt leger an einem Bistrotisch. Er stützt den Arm in die Hüfte, schaut ernst aber direkt in die Kamera. Sein Blick ist so provozierend, wie seine Kunstwerke im Hintergrund (der Maler Jimmy Stephanoff).
Im Vergleich zum vorigen Bild, ist dieses Motiv nicht sog gut geglückt. Die Person steht ungünstig in der Bildmitte, die beiden Fotografien sollten irgendwie mit aufs Bild passen, tun es jedoch nicht. Die Position des Fotografen, der links steht, verzerrt die Perspektive des Bildes. Die Bilderrahmen fallen schräg ab. Die Künstlerin wirkt durch die herabhängenden Arme und dem vorsichtigen Lächeln schüchtern (die Fotografin Marika Zellner).
Auch hier lächelt die Künstlerin, doch sie wirkt selbstbewusst. Sie stützt sich locker auf ein Bild und ist umgeben von ihren farbstarken Bildern. Die Fotografie besticht durch Form und Farbe (die Malerin Traudl Klor).
Hier hat sich der Künstler identisch seiner gemalten Körper auf den großen Bildern positioniert. Dadurch entsteht eine latente Verbindung zwischen dem Künstler und seinen Bildern (der Maler Dimitri Vojnov).
© Fotos von Andrea Weber
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