Im Gespräch mit dem österreichischen Bildhauer Hans Kastler
Hans Kastler bekam für seine bildhauerische Leistung und sein künstlerisches Lebenswerk 2004 das Bundesverdienstkreuz überreicht. Er ist stolz auf diese Ehre und kann heute im hohen Alter von 83 Jahren auf ein erfülltes Leben zurückblicken. Doch Hans Kastler setzt sich nicht zur Ruhe. „Solange ich kann, arbeite ich weiter“, sagt er. Seinen Erfolg hat er seinem Credo – „ich verehre Schönheit und Ästhetik“ – und seinem Markenzeichen, einem Gorilla aus Bronze zu verdanken.
Sie sind Bildhauer und haben bei den Professoren Hans Baier in Hallein und Fritz Behn in München studiert. Warum wollten Sie Künstler werden?
Als Kind hat mich das Buch „Die Herrgottschnitzer von Oberammergau“ von Ludwig Ganghofer so fasziniert, dass ich Schnitzer werden wollte. Ich hatte das Glück, dass die Tante aus Wien der Meinung war: „Der Bua hat Talent“. Sie hat mich auf die Schnitzerschule nach Hallein in Tirol geschickt.
Ihr Lebenstraum?
Ja, das ist mein Lebenstraum
Wie schafft man es, von der Kunst zu leben?
Ich habe meinen Beruf von der Pike auf gelernt und konnte anschließend bei der größten Steinmetzfirma Österreichs, der Kiefer AG, meine Erfahrungen sammeln (1946 – 1950). Ich hatte damals keine Ahnung von Stein. Ich hatte aber das Glück, einen der besten italienischen Steinbildhauer als Lehrmeister zu haben. Wir haben die Säulen und Kapitelle des Wiener Parlaments, die im Krieg zerstört wurden, wieder rekonstruiert. Ich war wirklich gut, so dass man mir das schwierigste Stück, einen Architrav, anvertraute. Später ging ich in die Steiermark und wurde Holzbildhauer und anschließend studierte ich in München bei Professor Behn.
Sie haben zahlreiche Preise gewonnen, zum Beispiel auch das Wurlitzer Stipendium, New Mexiko. Was hat Ihnen das Stipendium gebracht?
Das war so: Ich stellte damals in einer Galerie in München aus und kam darüber zu Helene Wurlitzer von der Musikinstrumentenfabrik in Cinncinati, USA. Sie baute gerade eine Künstlerkommune und eine Stiftung in Taos, New Mexiko auf. Dort konnten Künstler in kleinen Wohnhäusern mit Ateliers und einem Monatsverdienst von 75 Dollar sorglos arbeiten. Ich war von 1964 bis 1965 dort. Ich lernte in der Zeit viel über die amerikanische Kultur, lernte die indianischen und mexikanischen Kunststile kennen. Mit der Zeit entstanden dreißig Skulpturen, die ich auf der Abschlussausstellung allesamt an einem Nachmittag verkaufen konnte.
So haben Sie also den internationalen Durchbruch geschafft? Es folgten Ausstellungen in New York und Sri Lanka.
Nein, das stimmt so nicht. New York war der Beginn meines USA-Aufenthalts. Ich kam mit dem Schiff dort an und suchte mir zuerst selbst eine Galerie, weil New York ein wichtiger Platz für Künstler ist. Ich fand sie und die Galeristin interessierte sich sogar für meinen „Schimpansen aus Holz“. Er war in guter Gesellschaft, denn dort stellte auch Henry Moore aus.
Nach Sri Lanka bin ich mit zwei Koffern voller kleiner Skulpturen gereist und kam über das Goethe Institut zu einer Ausstellungsmöglichkeit.
Ein Künstler muss also in die Welt hinaus, um seine Entwicklung zu machen?
Bei mir hat sich das mit dem Amerikaaufenthalt halt so ergeben. Ich war viel unterwegs, man sieht viel, man wird toleranter.
Als Student bekommt man die Bildhauer aus der Antike als Vorbilder vorgesetzt, man studiert die Anatomie von Mensch und Tier. Doch erst viel, viel später habe ich gemerkt, ich muss mich befreien von den Regeln und Systemen der Kunst. Mit meinem kubistischen Gorilla habe ich mich dann vom Naturalismus gelöst.
Das ist Ihr Markenzeichen geworden.
Ja. der Gorilla aus Bronze ist mein Markenzeichen. Ich habe ihn 1976 entworfen und inzwischen sechs Mal verkauft. Nur neun Exemplare wird es von ihm geben.
Sie lieben Tiere?
Ja, weil Tiere ehrlicher sind als die Menschen.
Sie haben viele große Wettbewerbe gewonnen. Was denken Sie, macht Ihre Kunstobjekte so außergewöhnlich?
Ich habe immer darauf geachtet, nie zu schocken, mich nie politisch zu äußern. Ich mag Kunst nicht wie Joseph Beuys sie macht, obwohl ich von ihm sogar ein Autogramm besitze (er lächelt). Meine Skulpturen sind ästhetisch und schön und das kam immer gut an.
Sie haben ein eigenes Thema entwickelt. Sie nennen es „Stabimobile“.
Ja, es ist eine Skulptur, die aus einem stabilen und einem mobilen Element besteht und die miteinander verbunden sind. Durch die Beweglichkeit entstehen unzählige Ansichten in denen sich das Licht spielt. Das freie Arbeiten steht im Vordergrund. Ein Arm wird zum Hals. Mir ist Form, Bewegung, Licht und Schatten wichtig. Ich bin neugierig auf Neues was entsteht.
Und schließlich sind Sie 2004 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden. Wie kommt man zu solch einer Ehre?
Das habe ich für meine bildhauerische Leistung erhalten. Ich habe viele Ausschreibungen gewonnen. Zum Beispiel konnte ich zu den Olympischen Spielen eine 22 mal sechs Meter hohe Betonplastik für das Stadion in Feldmoching (bei München) entwerfen. Es ist eine Schlange mit Wellenbewegungen. Ich habe die Gedenktafel der Vertriebenen für die Staatskanzlei entworfen und einen großen Panther, der vor der Bereitschaftspolizei in München steht. Ja, es sind einige bekannte Skulpturen zusammen gekommen.
Wie und wo verkaufen Sie Ihre Kunst am besten?
Ich bin im Grunde ausstellungsmüde, denn es bedeutet immer viel Mühe und dann wird wenig verkauft, so dass man gerade die Ausgaben decken kann. Ich habe die meisten großen Aufträge über Ausschreibungen gewonnen. Hier im Atelier verkaufe ich zwar, aber da kommen Leute, die nehmen das Kleinste und Billigste mit, obwohl sie dann mit einem 70.000 Euro Auto davon fahren. Aber es kommen auch solche, die einen persönlichen Wert in meiner Kunst sehen, einen heilsamen oder einen Erinnerungswert.
Was halten Sie von Kunstmessen?
Das habe ich nie ausprobiert.
Wie setzen Sie die Preise Ihrer Objekte fest?
Ja, das ist ein Problem. Das eine ist zu billig und wenn es zu teuer ist, dann kauft keiner. Da muss man den richtigen Mittelwert finden, ich gehe nach der Qualität. Je besser das Objekt mir gefällt, desto höher ist der Wert. Der kleine Schimpanse, der einst in der Galerie in New York stand, ist unbezahlbar, weil ich ihn nicht mehr hergeben möchte.
Welchen Rat geben Sie jungen Künstlern mit auf den Weg?
Kunst muss mehr sein als Schmuck. Kunst muss etwas zu sagen haben, aber nicht um die Welt zu verbessern, das lehne ich ab. Kunst und Politik verträgt sich meiner Meinung nach nicht – das eine ist die Wahrheit, das andere ist die Lüge. Ich kann nur sagen, mit Kunst lebt man besser.
Zusammenfassung:
Hans Kastler hat seine Kunst von der Pike auf gelernt und beherrscht sein Handwerk exzellent. Um andere Kulturen kennen zu lernen, ist er in die Welt hinaus gezogen. Im Laufe der Zeit hat er seinen ganz eigenen Stil entwickelt und ihn bekannt gemacht. Sein Gorilla steht heute als Markenzeichen für seine Kunst. Aktiv hat er – auch im Ausland – nach Galerien gesucht, um dort auszustellen. Immer wieder hat er an Wettbewerben und Ausschreibungen teilgenommen, von denen er viele gewonnen hat und die ihm auch die größten Aufträge gebracht haben. Heute lebt er bescheiden aber glücklich.
Zur Website von Hans Kastler:
http://www.hanskastler.com
© 2013 Interview und Fotos von Andrea Weber
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