Eine Ausstellung in New York?
Eine Kunstmesse in London?
Ein Kunstwettbewerb in Italien?
Und zu allem wirst DU persönlich eingeladen?
Wow…
Mensch, eine Ausstellung in New York oder eine Messeteilnahme in London, das ist doch Musik in den Ohren eines Künstlers. Das würde sich doch ganz prima in der Vita machen, oder? Und vielleicht ist das der Beginn der großen internationalen Kunstkarriere?
Im ersten Moment fühlt sich die Künstlerseele geschmeichelt und das Träumen von Ruhm und Geld beginnt…
Genau auf solche Gedanken spekulieren die schwarzen Schafe des Kunstmarkts.
Eines Tages kommt eine Einladung zur Einzelausstellung in New York…
Ein aktueller Fall als Beispiel:
Einige Mitglieder haben vor einigen Wochen über das Anfrageformular unserer Seite auf Englisch eine Nachricht von einem Galeristen aus New York bekommen. Darin wurde ihnen angeboten, in seiner Galerie in Manhattan eine Einzelausstellung zu machen.
Eine Künstlerin hat dem Galeristen geantwortet und ihr wurden folgende Konditionen genannt:
- eine Einzelausstellungen in seiner New Yorker Galerie
- Dauer 3-4 Wochen allerdings erst für 2018, den Monat kann man frei wählen
- bestimmte Wandflächen stehen dafür zur Verfügung
- die einzigen Kosten für den ausstellenden Künstler ist die Abnahme von Ausstellungskatalog zum Preis von 15 USD, Mindestabnahme 100 Stück
- dazu kommen die anfallenden Transportkosten für die Kunstwerke nach New York und ggf. wieder zurück
- keine Galeriebeteiligung im Falle eines Verkaufs
Grundsätzlich raten wir bei solchen Online-Anfragen zu größter Vorsicht. Auch im Kunstmarkt tummeln sich schwarze Schafe und mancher Galerist will einfach mit dem Künstler Geld verdienen, in dem der Künstler die Kosten der Ausstellung oder wie hier der Kataloge trägt. Daher solltest Du bei solchen Anfragen – erst recht aus dem Ausland – skeptisch sein und Dich in jedem Fall vorher erkundigen und Dich auf keine Verträge einlassen, bei denen Du schon vorher Geld bezahlen sollst.
Eine seriöse und renommierte Galerie lebt von den Verkäufen der Kunstwerke! Dabei geht die Galerie normalerweise in Vorleistung und finanziert die Kataloge, Vernissage, Transport, Versicherungen etc. Macht Dir einen Galerie ein anderes Angebot, solltest Du auf jeden Fall wachsam sein.
Was die Anfrage in diesem konkreten Fall betrifft, so fiel mir immerhin positiv auf, dass die Galerie den Hauptteil der Kosten der Ausstellung tragen will – zumindest wird es im Anschreiben so formuliert. Meistens soll bei solch merkwürdigen Angeboten der Künstler alles selbst bezahlen und es ist tatsächlich eine Masche zum reinen Abkassieren beim Künstler.
Allerdings bleibt die große Frage, was so ein Angebot einer New Yorker Galerie auf englisch aus heiterem Himmel über ein Anfrage-Formular einer rein deutschsprachigen Website soll. Mir ist auch aufgefallen, dass die Informationen auf der Website der Galerie doch etwas dürftig sind. Die Namen der Betreiber werden nirgendwo genannt.
Eine professionelle Galerie muss Geld verdienen – die Frage ist nur: Wessen Geld?
Insgesamt schrillen bei mir da doch die Warnglocken. Es macht einfach keinen wirklichen Sinn und die Art der Kontaktaufnahme ist schon merkwürdig.
Ein mögliches Geschäftsmodell dieser Galerie in New York könnte folgendes sein: Es werden immer gleichzeitig mehrere Künstler ausgestellt (Stichwort „Wandflächen“). Der Hauptteil der Einnahmen sind die Ausstellungskataloge. Mindestens 100 Stück zu 15 USD pro Stück machen 1500 US-Dollar. Wenn es relativ einfache Kataloge sind, dann kann die Galerie hier schnell um die 1000 USD pro Künstler einnehmen. Bei mehreren Künstler, die gleichzeitig ausstellen, kommen so einige Tausend Dollar im Monat zusammen. Dabei müssen natürlich die Kosten der Galerie abgezogen werden. Allein die Miete in Manhattan dürfte nicht billig sein. Aber vielleicht ist es eine Mischkalkulation aus Künstlern, die für die Kataloge bezahlen und Kunstwerken, die die Galerie im eigenen Namen verkauft?
Das ist natürlich erstmal reine Spekulation, aber genau diese Punkte solltest Du vorher klären.
Das gute an schwarzen Schafen?
Sie fallen auf
Damit aus dem Traum von der Künstlerkarriere kein finanzieller Alptraum wird, solltest Du auf folgende Punkte achten, um die „schwarzen Schafe“ rechtzeitig zu erkennen:
- Gibt es einen klar formulierten Ausstellungs- oder Galerievertrag, in dem alle wichtigen Punkte geregelt sind (z.B. Gewinnaufteilung, Zahl der auszustellenden Werke, Termine, Kostenübernahme, Versicherungen, Werbung usw.)?
- Werden alle Kosten (Transport, Versicherung, Ausstellung, Vernissage, Werbematerial, PR etc.), die im Zusammenhang mit der Ausstellung stehen, von der Galerie übernommen?
- Was bietet die Galerie in Bezug auf Werbung und PR?
- Ist die Galerie bekannt und hat einen guten Ruf?
- Kannst Du vorher mit Künstlern sprechen, die schon mit der Galerie gearbeitet haben?
Galerien können von den einzelnen Punkten abweichen und trotzdem seriös sein. Aber diese Liste hilft Dir, die schwarzen Schafe relativ schnell zu erkennen.
Natürlich ist es toll, wenn eine Galerie von sich aus auf den Künstler zukommt – welcher Künstler möchte nicht gerne „entdeckt“ werden?
Allerdings läuft es eben in der Regel doch andersherum: Der Künstler muss sich erstmal selbst bekannt machen.
Weitere Infos:
- Wenn Du Dich dafür interessierst, wie Du als Künstler eine Galerie finden kannst, die Dich vertritt, dann findest Du dazu Tipps aus erster Hand in unserem Artikelarchiv zum Thema „Galerien und Galeristen„.
- Hier findest Du noch rechtliche Informationen:
- Hintergrundinformationen und Tatsachen zu Kosten und Gewinn einer Galerie
- Es gibt auch positive Erfahrungen: „Visitenkarten – Mit New York fing alles an„
Foto: © 2015 bearbeitet durch Matthias Klopp
Vielleicht auch interessant?
Wir recherchieren und schreiben alle Artikel sorgfältig nach bestem Wissen und Gewissen. Dabei können wir für die genannten Informationen keine Gewähr übernehmen. Bei rechtlichen Fragen und in wichtigen Fällen wende Dich bitte an einen entsprechenden Fachanwalt oder Experten. Falls es ein Problem gibt oder Du Fragen, Hinweise, Beschwerden oder Anregungen zu diesem Artikel hast, schick uns bitte eine » Nachricht, damit wir uns darum kümmern können.
Schreibe eine Antwort